Woran die Diskussion über Computer im Unterricht krankt

Die Mehrzahl der Diskussionen über den Einsatz von Computern im Unterricht krankt nach wie vor in aller Regel daran, dass pädagogische Fragen gegenüber den technischen im Hintergrund stehen. Bei einer Mehrzahl der Initiativen und Projekte steht im Vordergrund, bestimmte Technologien hinsichtlich ihrer Unterrichtswirksamkeit auszuloten. Bei den begleitenden Presseberichten stehen die Hoffnungen und Erwartungen verbunden mit dem Einsatz dieser oder jener Technologie im Mittelpunkt. Die Verengung der Berichterstattung auf die Chancen erweckt bei einer breiten Öffentlichkeit den Eindruck als sei der Einsatz von Technologie im Unterricht per se gut und richtig. Von den Problemen und Schwierigkeiten erfährt der Bildungslaie nur im Nachhinein in ebenso plakativen Negativmeldungen.

Beides zusammen führt nicht zu einer Versachlichung der Diskussion, sondern zu einer zunehmenden Polarisierung, da beide Fraktionen, die Befürworter wie die Gegner, eine wachsende Anzahl von Belegstellen für ihre jeweilige Argumentation nutzen können. Dies wiederum hat zur Folge, dass beide Seiten sich zunehmend weniger verstehen, und sich die Fronten damit immer weiter verhärten. Auf der Strecke bleibt die Integration elektronischer Medien im Unterricht.

Kann man dies ändern? – Ich denke ja, man kann. Der wichtigste Schritt ist die verbale Abrüstung auf beiden Seiten: die Befürworter verzichten auf Heilsversprechen, die Gegner auf radikale Verdammnis. Die weniger drastische Sprache ermöglicht es beiden Seiten einander zuzuhören und die prinzipiell guten Absichten seines Gegenübers anzunehmen. Dieser Vertrauensvorschuss ermöglicht einen Neubeginn der Diskussion, nun auf rationaler und nicht mehr länger auf emotionaler Ebene. Dabei wird sich herausstellen, dass die beschworene Zukunft wohl zwar schlechter als behauptet aber doch besser als befürchtet werden wird. Auf dieser Einsicht aufbauend lassen sich Entwicklungen anstoßen, die so heute aufgrund der Erstarrung der beiden Lager nicht vorstellbar sind.

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3 Kommentare zu „Woran die Diskussion über Computer im Unterricht krankt“

  1. Pingback: Die Frage nach der Lernwirksamkeit « Stephan Griebel

  2. Ich gebe dir nur zum Teil Recht. Ich würde gerne noch einen Schritt zurückgehen und zunächst einmal den Einsatz von IT unter Lehrern allgemein betrachten. Die Mehrheit der Kollegen kennt sich einigermaßen aus und verwendet IT für ihre Arbeit. Mail, vielleicht ein Forum, Unterrichtsverbereitung am PC. Eine kleine Minderheit stellen die „Experten”. Sie arbeiten recht ausführlich mit PCs, nutzen auch Web2.0 Dienste. Eine etwas größere Minderheit findet das alles recht belastend und „braucht“ das alles auch nicht. Internet und PC sind in ihrer Lebenswelt nicht angekommen. Das wäre auch weiter nicht schlimm, wenn sie es nicht mit Schülern zu tun hätten. In deren Lebenswelt ist das nämlich alles normal. Schlimm daran ist, dass wir als Lehrer die Schüler auf das Berufsleben vorbereiten müssen, und da kommt heute niemand mehr ohne Kenntnisse im IT aus.
    Und jetzt komme ich wieder auf deine Aussage: die beiden Minderheiten kommen miteinander nicht aus. Die einen sind für die anderen „Dinosaurier“, die anderen „Spinner“. Es geht also im Prinzip gar nicht um den Einsatz von IT, sondern um persönliche Differenzen der beiden Gruppen. Und die lassen sich auch leider nicht mit „sprachlicher Abrüstung“ lösen.

    1. Ich stimme zu, dass eine basale Nutzung von IT von fast jedermann angenommen werden kann, eine intensive Nutzung sich jedoch auf überschaubar wenige beschränkt. Mein Eindruck ist nicht, dass der Abstand zwischen Viel- und Wenignutzern abnimmt, eher im Gegenteil meine ich zu beobachten, dass diese Form der digitalen Spaltung zunimmt. Auf der Suche nach der Ursache ist mir aufgefallen, dass häufiger polarisierend als versöhnend argumentiert wird. Ich verbinde daher mit dem Wunsch nach sprachlicher Abrüstung die Erwartung, also mehr als eine blosse Hoffnung, dass die jeweilige Gegenseite dann eher geneigt ist, sich die durchaus vernünftigen Argumente der anderen wenigstens einmal anzuhören.

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