Wer oder was ist eigentlich „inter“ bzw. „aktiv“?

Gleich wo, sowie man über Computer im Unterricht liest, wird man an dem Wort „interaktiv“ nicht vorbeikommen. Die Heilsversprechen erscheinen mitunter so großartig, dass man als unbedarfter Leser auf die Idee könnte, dass ohne den Computer Interaktivität gar nicht möglich sei; dass es in der Vor-Computerzeit Interaktivität also weder geben konnte geschweige denn gegeben hat; dass dank Interaktivität nun aber endlich alles besser wird.

Wenngleich manche Autoren diese Schlussfolgerungen vielleicht sogar selbst gerne glauben möchten, so werden sie wohl fast jeglicher Form von Unterricht schlicht nicht gerecht. Mit Ausnahme einer Vorlesung ist in wohl jedem Unterricht die Interaktion aller Beteiligten der Regelfall und nicht die Ausnahme. Unterricht ohne Interaktion kann ich mir weder in der Grundschule, noch in der Sek1 noch in der Sek2 vorstellen – dank der Lebendigkeit unserer Schülerinnen und Schüler und vor allem auch dank des demokratischen Menschenbildes unserer Lehrerinnen und Lehrer.

Will man unseren Lehrerinnen und Lehrern wirklich ernsthaft absprechen, ihr Unterricht sei nicht interaktiv? Sind es nicht gerade sie, die die ungestüme, wahllose und zufällige Interaktion der Lerngruppe in zielgerichtete Bahnen lenken? Und ist dieses Eingreifen nicht bereits wieder eine weitere Form der Interaktion?

Auch im computerfreien Unterricht gibt es vielfältige Sozialformen und Unterrichtsmethoden, die eine über das übliche Maß hinausreichende Interaktion der Schüler untereinander befördern: Partner- und Gruppenarbeit, Gruppenpuzzle, Projektunterricht, Lernen durch Lehren, u.v.a.m. Die genannten Beispiele mögen durch den Einsatz von Computern in ihrer Potenz verstärkt werden, vom Computer abhängig sind sie jedoch nicht.

Stellen sich in dieser Diskussion nicht zwangläufig die Fragen: Wer oder was ist eigentlich „inter“? Und wer oder was ist eigentlich„aktiv“? Die beteiligten Menschen sind offenbar sowohl das eine als auch das andere. Welche Form der Interaktion meint man also? Die Interaktion Mensch-Maschine? Oder die maschinenvermittelte Interaktion Mensch-Maschine-Mensch? Da es diese beiden Interaktionen in einem maschinenfreien Unterricht nicht geben kann, entfällt also zumindest dieser quantitative Aspekt.

Ernsthaft gemeint können demnach nur qualitative Aspekte sein. Sind diese Aspekte nun aber wirklich völlig neu, haben zuvor also nicht existiert? Oder sind sie eher von einer neuen, bislang nicht erreichten besonderen Güte. Gleich ob so oder so, es ist die Vorzüglichkeit dieser Aspekte, die den Computer zum vorzugweise einzusetzenden, also vorzuziehenden Medium machen. Das bloße Interagieren ist es nicht.

Sag's weiter!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert