CSpannagel hat als auf Antwort auf meinen Kommentar zu seinem Blog Hey, hey Wiki! Hey, wiki, hey! zu recht festgestellt, dass die Frage, welche Medien einen Kompetenzzuwachs bei Schülerinnen und Schülern besser fördern, eindimensional interpretiert zu kurz greift, sondern man stattdessen vielschichtige wechselseitige Abhängigkeiten in Unterricht und Schule beachten muß, bevor man zu einem sinnvollen Urteil gelangen kann.
Es ist völlig klar, dass ein Medium alleine noch wenig bewirkt, sondern dass es auf das günstige Zusammenspiel vieler Faktoren ankommt (Wer?, Wie?, Was?, Wann?, Womit?, Wozu?…) Ein Medium kann ein Katalysator sein, muss es aber nicht. Eine Analogie: Einfach ein Stück Platin in eine Chemikaliensuppe zu halten genügt nicht, es müssen die richtigen Chemikalien sein, Druck und Temperatur muss stimmen und auch das Platin muss in einer bestimmten Form vorliegen. Erst wenn alles innerhalb gewisser Bandbreiten vorliegt, kann das Werk gelingen.
Mich treibt die Frage um, welches Medium (verstanden als Katalysator in einem umfassenden Prozess) eine höhere Lernwirkamkeit hervorruft als ein anderes. Könnten wir diese Frage beantworten, so könnten wir klare Handlungsempfehlungen ausprechen – an Kollegen, Lehrplankommissionen, Gesellschaft und Politik. Die Kraft der Argumente würde Zweifler überzeugen helfen und einen Durchbruch bewirken.
Ist dies leistbar? Kann es ein System geben, dass alle Interdependenzen widerspiegelt? In der Absolutheit “alle” geht dies natürlich nicht, denn dafür ist “alle” einfach zu umfassend. Die Anzahl der Abhängigkeiten zwischen den Variablen wächst exponentiell mit der Anzahl der Variablen, vielleicht noch stärker.
Dennoch halte ich es für notwendig, dass man an die Phase des freien Experimentierens, in der nur wenige Variable kontrolliert werden, eine Phase des Zusammentragens und Konsolidierens anschließt, um zu belastbaren Aussagen zu dem Zusammenspiel vieler Variablen zu gelangen. Wünschenswert wäre hierbei, die beiden Phasen so ineinander zu verschränken, dass die Zeiträume zwischen Ideeentwicklung und breiter Umsetzung nicht allzuweit auseinander liegen.
Das freie, ungestüme, naive (hier: nicht die Konsequenzen fürchtend) und amateurhafte (hier: amare = lieben, die Freude und Lust am Unbekannten) Experimentieren ist eine zwingend notwendige Voraussetzung, um neue Wege zu beschreiten. Aus dem blossen Experiment wird eine echte Innovation in dem Moment, in dem Andere (die Furchtsamen und das Vertraute Suchenden) diesen Weg ebenfalls beschreiten können. Nachdem die erste Welle der Entdecker wilde Pfade in den Urwald gehauen hat, braucht es eine zweite Welle von Landentwicklern, die die zielführendsten Pfade auswählen, zu befestigten Wegen ausbauen, samt Leitplanken, Sicherungsseilen und Warnschildern.
Die wahre Herausforderung bzgl. der Integration elektronischer Medien im Unterricht ist in meinen Augen daher nicht, immer neue Technologien auszuprobieren . Dies ist Aufgabe der Experimentatoren. Die wahre Aufgabe haben die Innovatoren zu leisten, nämlich in der Menge der Experimentalergebnisse Muster zu erkennen, die anderen zum Handlungsleitfaden werden können.