Vom Einstellungsgespräch zum veränderten Mathematikunterricht

Um sich in einem Einstellungsgespräch einen zuverlässigen Eindruck von einem Bewerber zu verschaffen, bieten sich verschiedene Methoden an. Ich selbst stelle gerne situative Fragen. Ich möchte also herausfinden, wie sich der Bewerber in konkreten Situationen in der Vergangenheit verhalten hat und sich in fiktiven Situationen verhalten würde.

Reine Wissensfragen stelle ich nur wenige. Eine der wenigen Ausnahmen sind Fragen zur Mathematik, was unserer (= Texas Instruments Education Technology) primären Zielgruppe (= Lehrkräfte für Mathematik und Naturwissenschaften) geschuldet ist. Es geht mir hierbei in erster Linie nicht wirklich um das mathematische Wissen, sondern viel mehr die Reaktion auf die Frage als solche. Diese ist oftmals verwunderlich genug. Gleichwohl sind die Antworten zumeist sehr erhellend. Hier möchte ich den Aspekt der mathematischen Allgemeinbildung beleuchten.

Die erste Frage lautet: „Was fällt ihnen zu Pythagoras ein?“ Nach zumeist längerem Überlegen kommt in der Regel eine Antwort, die zwar nicht völlig korrekt ist, aber doch zumindest auf verschüttetes Wissen hindeutet. Zumeist antworten die Kandidaten bruchstückhaft etwas, was an aquadratplusbquadratgleichcquadrat erinnert. So weit so gut. Als nächstes folgt die Frage: „Bei welchem Dreieck gilt dies?“ Anfangs, vor meiner großen Ernüchterung, ging ich davon aus, dass nun das Wort „rechtwinklig“ fällt. Dies tut es aber nicht. Stattdessen wird fast ausnahmslos „gleichseitig“ vermutet. Hätten Sie’s gedacht?

Es wäre jetzt billig, die mangelnden mathematischen Kenntnisse weiter Teile der Bevölkerung als Anlass zu einem allgemeinen Lamento zu nehmen. In diesen Chor möchte ich nicht einstimmen, da ich gestehen muss, dass z.B. von meinem Latein-Unterricht auch nicht wesentlich mehr übrig geblieben ist.

Wenn also dieses Detailwissen, welches im Fall Pythagoras ständig und immer wieder eingebimst wird, schon nicht vorhanden ist, muss die Aufgabe des Mathematikunterrichts dann nicht etwas ganz anderes sein? Nämlich weniger Kalkül und Rechenschemata zu üben als viel mehr Strukturen zu erkennen und Beziehungen herzustellen?

Mathematikunterricht hat häufig viel mit Rechnen und wenig mit Mathematik zu tun. Oft wird an dieser Stelle die Kurvendiskussion geschmäht. Oder die seitenlangen Termumformungen in der Mittelstufe. Der Satz des Pythagoras wird aber ebenso missbraucht: Finde einen geeigneten rechten Winkel und damit den Schlüssel zur richtigen Schublade. Dies ist auch nicht sinnerfüllter als zu einer gegebenen Funktion alle charakteristischen Punkte zu berechnen.

Ich plädiere daher dafür, die Mathematik im Unterricht als eine lebendige Wissenschaft erfahrbar zu machen. Dazu gehört das Entdecken und Forschen, dass Mutmaßen und Irren genauso, wie das Erkennen, Ordnen und Beweisen.

Gibt es Menschen, die in diese Richtung arbeiten? Ja, die gibt es. Am besten vertraut sind mir die Lehrerinnen und Lehrer des Lehrernetzwerkes T3 Deutschland, die davon überzeugt sind, dass der  Einsatz von Technologie im Unterricht, ein Katalysator für Veränderung ist. Jedem, der an einem im oben Sinne beschriebenen Sinne veränderten Mathematikunterricht interessiert ist, sei empfohlen, mit T3 in Kontakt zu treten um mehr über deren Ziele und Vorstellungen zu erfahren.

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2 Kommentare zu „Vom Einstellungsgespräch zum veränderten Mathematikunterricht“

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